Auszug aus: AssCompact August 1998
Abhören und Abhörschutz - Einige Überlegungen aus aktuellem Anlaß von Dr. jur. Lutz Viëtor, Sachverständiger für Unternehmenssicherheit BDSF, Geschäftsführender Gesellschafter der ISG International tätige SICHERHEITSGESELLSCHAFT mbH Berlin, Direktor der SIA Kruppa-SICHERHEIT Riga / Lettland
Gibt es zu diesem Thema tatsächlich einen aktuellen Anlaß?
Zumindest in Deutschland begründet sich ein wachsendes Interesse mit dem sogenannten "Großen Lauschangriff". Nach den derzeitigen Äußerungen in Presse und Fernsehen kann man allerdings auf eine zu einseitige Betrachtung schließen, es erfolgt eine Beschränkung auf ausgewählte juristische und vor allem technische Aspekte. Für die Versicherungen und deren Kunden sollte jedoch ein umfassenderes Interesse bestehen, vorausgesetzt, in diesen Bereichen existieren private und geschäftliche Interna und Geheimnisse, die für andere Personen oder Gruppen, Konkurrenten usw. von Interesse sind. Das Interesse muß allerdings so stark sein, daß man dafür auch bereit ist, etwas mehr zu tun, als die Anwendung allbekannter Ermittlungsmethoden, wie die Beobachtung oder Befragung inklusive heimlicher Fotografie u.a. Methoden an den Grenzen der Legalität. Außerhalb Deutschlands besteht heute bereits ein ausgeprägteres Sicherheitsbedürfnis gegenüber Ausforschungen und deren Folgen, wie Nötigung, Erpressung, Auftragsdiebstahl oder -einbruch, Betrug, Informationsmißbrauch für politische und wirtschaftliche Ziele usw. Abhören oder verallgemeinert die Ausforschung von Geheimnissen ist ein uraltes Problem und begleitet die Menschheit seit ihrer Existenz. Schon immer ging es um politische, wirtschaftliche und auch private Geheimnisse. Es hat jedoch besonders in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten den Eindruck, daß die Menschen mit diesem Problem, eigentlich einer latenten Bedrohung, leben gelernt haben. Wenn jetzt das Gesetz über den Großen Lauschangriff zu verstärkter Aufmerksamkeit führt, so führt ein begrenzter Anlaß zu erweiterter Betrachtung. Begrenzt deshalb, weil der Große Lauschangriff eigentlich mit der Organisierten Kriminalität in bestimmten Bereichen eine klar definierte Zielgruppe hat. Wenn heute Angst entsteht über den möglichen Mißbrauch durch Ausweitung dieser Aufgabenstellung oder die Weitergabe quasi nebenbei erlangter Informationen über andere Geheimnisse, wie Steuersachen, Versicherungs- und Erbschaftsangelegenheiten, Geschäftsgeheimnisse ohne Relevanz zum Anliegen des Lauschangriffs usw. usf. mag diese Sorge nicht unberechtigt sein, aber der unberechtigte Lauschangriff im weiteren Sinne sollte schon lange laufen. Viel interessanter ist zuerst die Frage, ob der juristisch genehmigte Lauschangriff tatsächlich zu dem gewünschten Ergebnis im Kernbereich führen kann. Voraussetzung dafür sind nicht nur die derzeit vorrangig diskutierte Beherrschung der technischen Instrumentarien, vielmehr geht es um die Bestimmung der richtigen Zielpersonen und Einengung des zu überwachenden Umfeldes, um die vorherige Ausschöpfung der bekannten polizeitaktischen und kriminaltechnischen Mittel und Methoden und vor allem auch um die schnelle Entscheidung nach Vorliegen verwertbarer Informationen. Allzuschnell gelangen heute ohne Nutzung bewährter taktischer und technischer Methoden Verfahren zur Einstellung, werden erste Angriffe nach Vorliegen der Anzeigen oder Tatverdachtsgründe nicht oder nicht schnell genug durchgeführt. Der Große Lauschangriff ist dafür kein Ersatz, wer die Grundlagen nicht beherrscht, kommt auch mit den Besonderheiten nicht zurecht. In der Organisierten Kriminalität muß der ermittelnde Beamte immer mit einer Information über geplante kriminelle Angriffe rechnen, die eine minutenschnelle Sofortentscheidung über präventive Maßnahmen erforderlich machen. Ansonsten könnte im folgenden gerichtlichen Verfahren der Anwalt des Beschuldigten geltend machen, daß trotz gegebener Möglichkeiten sein Mandant an der Tatausführung nicht gehindert wurde. Hindern an der Tatausführung bedeutet aber, daß am Ende vielleicht "nur" ein Versuch herauskommt, die kriminellen Strukturen gewarnt sind, ohne das ausreichende Beweise vorliegen müssen. Das kann ein Teufelskreis sein, hinter dem eine Verfassungspflicht steht. In diesen Bereichen sollten eher die Probleme gesehen werden als in der technischen Umsetzung und deren Abwehr. Diese Aufgaben sind lösbar, wenn daran ein ausreichendes Interesse besteht. Wie Eingangs erwähnt, läuft der Lauschangriff wahrscheinlich schon, allerdings oft ohne gerichtliche Erlaubnis und durch andere quasi nicht autorisierte Ausführende. Ziele sind die Geheimnisse in allen gesellschaftlichen Bereichen bis hin zur Information über private Vermögenslagen und
Geldverstecke. Dazu gelangen Techniken zum Einsatz, die auch beim genehmigten Großen Lauschangriff genutzt werden sollen. Sie sind frei erwerbbar, immer kostengünstiger und einfacher zu bedienen. Ihr Vertrieb ist gestattet, ihre Anwendung in Deutschland vielfach nicht. Im Nahbereich genutzt, sind sie jedoch nur nach zielgerichteter Suche zu orten, auch für die Überwachung des Funkverkehrs. Eigentlich liegt in diesen Fakten und deren Begünstigung durch die technischen Entwicklungen das größere, jedoch vielfach ignorierte Problem. Bereits mit Richtmikrofonen können aus sicherer Entfernung Gespräche im Freien und Räumen verfolgt und ggf. aufgezeichnet werden. Die Minimikrofone mit Sender, volkstümlich Wanzen, sind eine Steigerung, setzen keinen direkten Sichtkontakt zum Schallträger mehr voraus und können vielfältige Medien nutzen. Wir finden sie miniaturisiert versteckt im Telefon, dem Computer, dem Stromnetz, den natürlichen Verstecken in Büro, Wohnung, Kanzlei usw. Kennzeichnend bei ihrem mißbräuchlichen Einsatz ist die Anonymität. Selbst entdeckt, bleibt der Urheber in der Regel vor Strafverfolgung geschützt. Entweder weil er unbekannt ist oder weil er bereits ausreichend Informationen hat, um nötigend einzugreifen. Sei es nun zukünftig der Schutz vor den befürchteten Folgen des Großen Lauschangriffs oder nicht legalisierter Abhöraktionen, auch in Deutschland sollte das Interesse nach wirksameren Schutz von Informationen und Geheimnissen zunehmen. Die erste Frage ist immer: "Welchen Wert hat eine Information und für wen?" Danach richtet sich das präventive Verhalten. Bei der Klärung dieser Frage kann ein spezialisierter Berater dann helfen, wenn ihm Vertrauen entgegengebracht wird. Er muß wissen, welche Gespräche wo zu schützen sind, ohne deren Inhalt zu kennen. Es sei an dieser Stelle nur der Form halber darauf verwiesen, daß Geheimnisse bekannterweise in vielen Formen vorliegen, als Schriftgut, Daten, Bilder usw. Das gesprochene Wort ist nur eine Variante der Informationsübermittlung. Der Geheimschutz umfaßt mehr und sollte auch immer komplex betrachtet werden (Stichworte: Datenschutz, Datensicherheit, Datensicherung, Objektschutz, Chiffrierung, Transportabsicherung, Warenlagerung, Warenbewegungen, Risikoversicherungen). Auch eine Versicherung enthüllt Interna über Werte, Transportwege, Schwachstellen. In der Regel wird die Information an der schwächsten Stelle erlangt. Das kann auch immer noch die berühmte Reinigungsfrau oder Sekretärin mit Beziehungsproblemen sein. Die Abwehr dieser Angriffe sollte somit aus einer Kombination von organisatorischer, personalpolitischer und technischer Prävention sein, unterstützt ggf. auch durch offensive Formen. Eine Wanze kann man zum Beispiel suchen und liquidieren oder auch "nur" stören - besser sind beide Varianten kombiniert, dazu die Chiffrierung wichtiger Informationsübertragungen. Je umfassender und lückenloser der Informationsschutz wird, desto größer ist die Bedrohung für den personellen Informationsträger, den Spitzenmanager, Notar, Rechtsanwalt, Assistenten usw. oder auch die Familie. Damit sind wir beim Personenschutz und an dieser Stelle sei dieses Thema heute unterbrochen. Es entsteht das Bedürfnis nach Sicherheitsanalysen zur Bestimmung der Bedrohungen in Ihrer realen Gesamtheit und abgeleiteter Konzeptionen mit dem Nötigen und Machbaren sowie deren sachkundiger Umsetzung. Interessenten sind beim Autor und seinen spezialisierten Unternehmen mit Büro und Partnern in Osteuropa gern gesehen.