Nach einer Veröffentlichung der Zeitschrift STERN wurden in LIDL-Filialen Mitarbeiter unter Einsatz von Videokameras überwacht, die Aufzeichnungen durch Detektive ausgewertet und in Protokolle gefaßt. LIDL hat diese Feststellungen grundsätzlich eingeräumt, spricht jedoch von Einzelfällen ohne Auftrag oder Billigung der Geschäftsführung und Erweiterung oder Modifizierung eines an sich gegen Ladendiebstahl gerichteten Überwachungsauftrages. Der derartig tätigen Detektei soll inzwischen gekündigt wurden sein. Ob Filial- oder Bezirksleiter ohne Kenntnis ihrer Vorgesetzten zur Verfügung gestellte Mittel für Massnahmen der Warensicherung eigenmächtig anderweitig verwenden, bleibt in einem sehr straff geführten Unternehmen dahin gestellt.
Die Protokolle über die Überwachungsergebnisse und die dazu von LIDL abgegebene Stellungnahme werfen neben den diskutierten moralischen und datenschutzrechtlichen auch eine Reihe anderer, noch nicht angesprochener rechtlicher Fragen auf. Zumindest der Verdacht gewerbe- und strafrechtlich relevanter Handlungen wäre neben den datenschutzrechlichen Bedenken zu prüfen. Interessant wäre die Information, wo die eingesetzten Detektive in ihren gewerberechtlichen Anmeldungen und Erlaubnissen die Priorität ihres Handeln setzen, in der Warensicherung als Einzelhandelsdetektiv oder als Ermittler-Detektiv. Beide Arbeitsgegenstände unterscheiden sich in Deutschland hinsichtlich ihrer rechtlichen Bedingungen erheblich. Einzelhandelsdetektive benötigen in Deutschland neben der gewerbrechtlichen Erlaubnis nach § 34a GewO auch die IHK-Sachkundeprüfung als Basisqualifikation. Diese Prüfung enthält auch datenschutzrechtliche, zivil- und strafrechtliche Bestandteile, darunter die rechtlichen Kriterien für eine Videoüberwachung nach BDSG und die strafrechtlichen Folgen bei Rechtsverstößen. Ein Kundenauftrag rechtfertigt ohnehin keine Rechtsverstößte, den Einzelhandelsdetektiven sind aber die Regeln bekannt. Handelt es sich dagegen um eine Privatdetektei mit Ermittler-Detektiven, gibt es außer einer Gewerbeanmeldung keine geweberechtlichen oder anderweitigen Zugangsvoraussetzungen in Form von Ausbildungen oder Prüfungen. Formal kann das Jeder ohne jede Voraussetzung, er braucht nur zahlungswillige Kunden. Den Ermittler-Detektiven ist somit ohne die IHK-Sachkundeprüfung eine Tätigkeit als Einzelhandelsdetektiv untersagt. Um Illussionen vorzubeugen, auch die IHK-Sachkundeprüfung enthält keine spezifischen Themen für die Einzelhandelsdetektive, Fachwissen müßte zusätzlich erworben werden. Die geforderten Bildungsvoraussetzungen sind somit gering, aber weit mehr als bei den Ermittler-Detektiven. Deren Verbände fordern seit Jahren eine adäquate Berufsausbildung oder Fortbildung, bei weniger als 1.500 Privatdetektiven (Ermittler) schwer umzusetzen und ohne wirksame politische Unterstützung. Es entsteht der Eindruck, dass die genutzten Detektive zumindest in einer Einsatzrichtung überfordert waren.
Zum Abschluss: Die bereits seit Anfang der 90er Jahre damals durchaus kritisch beobachtet auf ISG-Initiative bei einem führenden Discounter installierten offen sichtbaren Videokameras führten zu Mindestrückgängen von 40% der Warenverluste pro Filiale, das ist die präventive Wirkung auf potentielle Täter mit an sich wenig krimineller Energie. Für den Rest bedarf es dann tatsächlich zusätzlich der Einzelhandelsdetektive, fachlich geschult und auch in der Lage, einen Bericht auf Prioritäten konzentriert abzufassen. Zuerst muss jedoch der Auftraggeber, hier der Handel, seine Prioritäten bestimmen und auch durchsetzen.